Dienstag, 24. Februar 2009

Revolution und Realismus: Che Part 1


Es ist am Anfang nicht leicht sich in diesen Film hinein- und in ihm zurechtzufinden. Grobkörnige, verwackelte Schwarzweiß-aufnahmen in Nah- oder Detailansicht bilden den Auftakt zu Che: Part 1. Man befindet sich im Jahr 1964 und Ernesto Che Guevara gibt in den USA ein Interview. Er wird befragt von einer amerikanischen Journalistin, seine Antworten in spanischer Sprache werden von einem Dolmetscher übersetzt.

Nach wenigen Szenen dann Orts- und Zeitwechsel, Mexiko 1955, ein Abendessen in einem bürgerlichen Haus, der junge argentinische Doktor Guevara trifft zum ersten Mal auf Fidel Castro. Doch auch dies ist nur ein kurzes Intermezzo, einige Szenen später befindet sich der Zuschauer mit Guevara und Castro auf einem Boot Richtung Kuba. Es ist das Jahr 1956.

Die grobkörnigen Schwarzweißbilder, geprägt von immer neuen Detailaufnahmen des befragten Che Guevara (natürlich mit Zigarre), gefilmt im Dokumentarstil, dienen als Rahmen der folgenden 126 Minuten. Gerade zu Beginn ertönt immer wieder die Stimme des interviewten Che aus dem Off, so wirken die Bilder der Kämpfer im Dschungel tatsächlich sehr dokumentarisch.

Nichts ist übrig von den romantischen Bildern, die man vielleicht von Che Guevara und der Revolution hatte, wenn man dieser kleinen Gruppe abgerissener Männer durch den Urwald gefolgt ist. Immer wieder gibt es Scharmützel, Verwundete, Tote. Guevara stürmt voran, hinterher versorgt er die Verwundeten. Die Revolutionäre haben kleine Einheiten gebildet, die unabhängig voneinander kooperieren, Guerillataktik eben. Ab und an taucht Fidel Castro auf, bildet neue Frontlinien und neue Einheiten und verteilt Befehle an seine Comandanten.

Sehr realistisch wird dieser Guerillakrieg von Steven Soderbergh inszeniert, die Kamera arbeitet sich den Kämpfern hinterher den Berg hinauf, sie fängt wackelnd das Hin und Her des Gefechts ein. Dazu ertönen entweder die Kommentare Che Guevaras (bzw des Dolmetschers), das laute Vogelgezwitscher des Regenwalds oder – nichts. Filmmusik ist fast keine vorhanden (bis auf wenige Trommeln und Bongas), und dies macht den Film natürlich noch realistischer: Man glaubt sich selbst im Dschungel zu befinden, hält den Atem an, doch hört nur das laute, rasselnde Atmen der Kameraden und eben die Vögel.

Ziemlich lange ist dieser verzweifelte Guerillakampf Hauptbestandteil des Films, unterbrochen von den Schwarzweißbildern des Jahres 1964, die Guevara auch als Redner vor den Vereinten Nationen zeigen.

Dann, plötzlich, scheint der Durchbruch geschafft, die Revolution ist in der Bevölkerung angekommen, es werden Städte erobert, die Revolutionäre werden gefeiert – allen voran natürlich Che Guevara.

Der Film endet mit einem Rückgriff auf den Anfang, auf jenes erste Treffen zwischen Fidel und Che 1955 in Mexiko, dann ist der erste Teil eines beeindruckenden Projekts zuende.

Benicio del Toro, der den Film auch mitproduziert hat, verleiht diesem Helden von Millionen Jugendlichen, dessen Konterfei auf Millionen Postern und T-Shirts abgebildet ist, ein sehr menschliches Antlitz. Hier wird kein Held inszeniert, wie es leicht hätte passieren können, sondern gezeigt wird ein charismatischer Anführer, ein Guerillakämpfer der weniger durch heroische Taten glänzt als durch Menschlichkeit. Das heißt nicht, dass Guevara hier als Gutmensch inszeniert wird, er gibt Befehle zu Exekutionen und tut alles, was seiner Ansicht nach getan werden muss für eine erfolgreiche Revolution. Aber dabei verfolgt er eisern ein idealistisches Ziel und das macht diese Figur so reizvoll.

Che: Part 1 ist eine würdige filmische Umsetzung der Erinnerungen Ernesto Che Guevaras, er verleiht dem holzschnittartigen Konterfei des berühmtesten Revolutionärs aller Zeiten charakterliche Tiefe und entglorifiziert gleichzeitig das Durchführen einer Revolution.


Trailer ansehen.


by TOHBIT

1 Kommentar:

  1. Sehr, sehr interessant...jetzt kann ich es kaum erwarten den Film auch zu sehen. Hoffentlich wird die Synchronisation gut sein.

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